Freihandelsabkommen TTIP

Über das Freihandelsabkommen TTIP haben viele diskutiert. In der De­bat­te um die Trans­at­lan­tische Handels- und Inves­ti­tions­part­ner­schaft plädiere ich grund­sätz­lich für eine kri­tische aber un­auf­ge­reg­te Heran­ge­hens­weise. Vor allem müssen wir zunächst alle Details kennen, bevor entschieden wird.

Völkerrechtliche Verträge der Europäischen Union mit Dritt­staaten sind in der Handelspolitik nichts Un­ge­wöhn­liches. Gemeinsam mit der Mehrheit meiner Fraktion bin ich davon über­zeugt, dass TTIP viele Vorteile mit sich bringen kann. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und die davon ab­häng­enden Arbeitsplätze sind derartige Abkommen von großer Bedeutung. Aufgrund der Relevanz des großen US-ameri­ka­nischen Markts für unsere Hersteller von Industriegütern, land­wirtschaftlichen Produkten und unsere Dienst­leist­ungs­un­ter­nehmen unterstützen wir die Europäische Kommission in dem Vorhaben, TTIP zu verhandeln. Wir wollen globale Stan­dards für einen fairen und nachhaltigen Welthandel setz­en und den Abbau von Handelshemmnissen im gegenseitigen In­teresse voran bringen.

Die Weltwirtschaft braucht verlässliche Regeln. Wir wollen glo­bale Standards für einen fairen und nachhaltigen Welt­han­del setzen und den Abbau von tarifären und nicht-tarifären Handelshemmnisse im gegenseitigen Interesse voran bringen.

Wir erwarten deutliche Kostensenkungen durch die ge­gen­sei­tige Anerkennung von Standards und Zulassungsverfahren, die das gleiche Ziel verfolgen. Es geht dagegen bei TTIP nicht um die Absenkung von Standards, sondern um eine Ver­ein­fach­ung des Exports, wovon gerade kleine und mit­tel­stän­dische Unternehmen profitieren.

Wir wollen eine Einigung – aber nicht um jeden Preis. Rote Linien dürfen nicht überschritten werden. Die Arbeit­neh­mer­rechte und Arbeitsstandards, das Recht der Mitbestimmung, der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie dürfen nicht in Frage gestellt werden. Das heißt: Nationale Gesetze oder Vor­schriften eines EU-Mitgliedsstaates für Beschäftigung oder so­ziale Sicherungsmaßnahmen, die Vorschriften über Lohn­ver­hand­lungen, das Streikrecht, Mindestlöhne und Tarif­ver­trä­ge bleiben unberührt. Schmutzigen Wettbewerb durch Lohn­dumping wollen wir nicht. Es soll ein Mechanismus zur wirk­samen Anwendung der ILO-Kernarbeitsnormen in einem ei­ge­nen Kapitel geschaffen werden. Bestimmungen zur Un­ter­stütz­ung international anerkannter Standards zur ver­ant­wort­lich­en Unternehmensführung (CSR-Standards) dürfen ebenso nicht fehlen. Auch die Daseinsvorsorge darf nicht gefährdet wer­den. Einen direkten oder indirekten Zwang zu Pri­va­ti­sier­ung­en wird es mit uns nicht geben.  

Die Mitgliedstaaten der EU müssen darüber hinaus das Recht haben, sensible Dienstleistungen wie etwa den übrigen Kul­tur­bereich mit dem Ziel des Erhalts der kulturellen Vielfalt be­sonders zu unterstützen. Wenn unterschiedliche Schutz­ni­veaus existieren, dürfen diese durch das Abkommen nicht ni­vel­liert werden. Dies betrifft zum Beispiel den Umwelt- und Ver­braucherschutz oder auch den Datenschutz. Das Ab­kom­men soll durch hohe Standards für Verbraucherschutz, Nach­halt­ig­keit und die Berücksichtigung von Arbeit­neh­mer­in­ter­es­sen Maßstäbe für andere Handelsabkommen setzen.

Bezüglich des Investorenschutzes hat das Europäische Par­la­ment Anfang Juli 2015 eine Resolution zu den laufenden TTIP­-Verhandlungen verabschiedet. Damit setzt das Euro­pa­par­lament einen wichtigen Maßstab für ein gutes und faires TTIP und verankert eine Ablehnung der bisherigen privaten Schiedsstellen in der TTIP- Resolution.

Umstrittenster Punkt sind die privaten Schiedsgerichte ISDS (Investor-State Dispute Settlement). Mit der klaren Absage an die privaten Schiedsgerichte konnte erreicht werden, dass ein demokratisches und transparentes Gerichtsverfahren mit unab­hängigen Richtern und eine Revisionsinstanz im TTIP-Ab­kom­­men gefordert wird. 

Neben der Forderung, das ISDS-System durch ein neues Sys­tem zu ersetzen, haben sich die Sozialdemokraten auch für die Verankerung von starken Arbeitnehmerrechten eingesetzt. Außerdem sind der unmissverständliche Schutz unserer öf­fent­lichen Daseinsvorsorge sowie der kulturellen Vielfalt in der Resolution verankert. Auch sind die europäischen Stan­dards im Verbraucher-, Umwelt- und Datenschutz nicht ver­han­del­bar. Damit hat sich das Europäische Parlament sehr ein­deu­tig positioniert. Nur unter diesen Voraussetzungen wird es einem TTIP-Verhandlungsergebnis zustimmen. Die Eu­ropäische Kommission hat in ersten Reaktionen bereits ein Ein­gehen auf die Forderungen des Europäischen Parlaments angekündigt. Damit ist die falsche Behauptung, mit TTIP wer­de es eine Herabsetzung der europäischen Standards geben, wi­derlegt.

Mit der SPD wird es nur ein Abkommen geben, das den In­ter­es­sen der Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft un­se­res Landes nützt. Die SPD-Bundestagsfraktion erwartet zu­dem, dass TTIP durch Bun­des­tag und Bundesrat ratifiziert werden muss. Erst die Zu­­­stim­mung der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten würde TTIP Le­gi­ti­mi­tät verleihen. Nur so würde der Vertrag völker­recht­lich bin­den­de Wirkung erhalten. Ob die Verhandlungsergebnisse am Ende unseren Anforderungen und Maß­stä­ben genügen wer­den wir dazu genau prüfen.